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Gefährdungsbeurteilung nach GEG 2023

Gefährdungsbeurteilung an RLT-Anlagen

Arbeitsrechtliche Anforderungen an RLT-Anlagen: Die Bedeutung der GBU

Lesedauer 6 Minuten, aktualisiert am 03. April 2023

Eine Gefährdungsbeurteilung an raumlufttechnischen Anlagen nach VDI 6022 mit dem Fokus auf biologische Gefährdungen bezieht sich auf die Bewertung von Risiken, die durch Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze in raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) entstehen können. Diese Mikroorganismen können zu Infektionen oder allergischen Reaktionen führen und stellen somit eine potenzielle Gefährdung für Personen dar, die der Zuluft ausgesetzt sind oder Wartungen an RLT-Anlagen durchführen. 

1. Warum GBU an raumlufttechnischen Anlagen? 

Die Erstellung und Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen (GBU) ist eine der zentralen Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). In §5 ArbSchG wird verlangt, dass der Arbeitgeber die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu beurteilen hat und ermitteln muss, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Aus §6 ArbSchG geht hervor, dass die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilungen und die abgeleiteten Maßnahmen des Arbeitsschutzes dokumentiert werden müssen. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) fordert ebenfalls in § 3 die Erstellung einer GBU.  

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) konkretisiert in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) V3 die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Sie beschreibt eine Vorgehensweise zur Durchführung dieser Gefährdungsbeurteilung nach § 3 ArbStättV. Die ASR V3 geben dabei den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder. Bereits in dem allgemein gehaltenen Dokument der BAuA sind konkrete Gefahren aus dem Betrieb von raumlufttechnischen Anlagen benannt: 

 

  • Gefahr der Innenraumluftverunreinigung durch raumlufttechnische Anlagen (Anhang 3 - Gefahrstoffe) 

  • Biologische Gefährdungen im Sinne der ArbStättV durch Verunreinigungen und Ablagerungen, konkret Verkeimungen in raumlufttechnischen Anlagen oder Klimaanlagen (Anhang 4 – Biologische Arbeitsstoffe) 

  • Brandgefährdungen durch Ansammlung brennbarer Rückstände (z.B. Fette, Stäube) in lüftungstechnischen Anlagen (Anhang 5 – Brand- und Explosionsgefährdungen) 

  • Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen wie schlechter Luftqualität z.B. durch Geruchsbelastung (Anlage 8 - Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen) 

  • Gefährdungen durch psychische Faktoren wie tonhaltige Geräusche der Lüftung, Zugluft, häufige Temperaturschwankungen (Anlage 10 - Gefährdungen durch psychische Faktoren) 

 

Als zentrales Dokument zum Thema Raumlufttechnik und Raumluftqualität geht die VDI 6022 Blatt 1 in Kapitel 7.5 sowie in Anhang B im Detail auf die Gefährdungsbeurteilung an raumlufttechnischen Anlagen ein.  

2. Zielrichtung und Umfang der GBU an RLT-Anlagen nach VDI 6022 

Ziel der GBU nach VDI 6022 Blatt 1 an einer RLT-Anlage ist es, potenzielle Gefahren durch Gefahrstoffe (Reinigungs- und Desinfektionsmittel) und biologische Kontaminationen in RLT-Anlagen zu minimieren und somit eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung für Personen, die der Zuluft ausgesetzt sind oder Wartungen an RLT-Anlagen durchführen, zu gewährleisten. 

Grundlage dafür ist eine Hygiene-Inspektion, eine fachkundige Beurteilung der Anlage und Umgebungsbedingungen sowie die Dokumentationsunterlagen und Betriebsanleitungen des Herstellers/Errichters. Die GBU muss durch einen Fachkundigen mindestens gemäß Kategorie A nach VDI 6022 Blatt 4 durchgeführt und schriftlich dokumentiert werden. Dabei wird unterschieden zwischen  

  • einer GBU im Hinblick auf Personen, die der Zuluft der RLT-Anlage ausgesetzt sind 

  • einer GBU für Tätigkeiten des Instandhaltungspersonals.  

2.1 GBU für der Zuluft ausgesetzte Personen 

Die GBU für der Zuluft der RLT-Anlage ausgesetzte Personen basiert im Wesentlichen auf den Ergebnissen einer Hygiene-Inspektion mit folgenden Inhalten: 

  • optische Inspektion, d.h. erweiterte Sichtprüfung auf Mängel 

  • Oberflächenbeprobungen an repräsentativen Stellen der Anlage 

  • Wasseranalysen bei Anlagen mit Befeuchtungseinrichtung 

  • Luftkeimzahlmessungen der Zuluft 

Hinzu kommen relevante Einträge im Betriebsbuch, die Betrachtung der Ergebnisse bisheriger Hygienekontrollen und -inspektionen, Beurteilung des Einsatzes von Desinfektionsmitteln (Produkt, Einsatzfrequenz, Konzentration) und dokumentierte besondere Ereignisse (z.B. Filterdurchbrüche, Stromausfälle).  

2.2 GBU für Tätigkeiten des Instandhaltungspersonals

Mitarbeiter, die RLT-Anlagen instandhalten, sind regelmäßig Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt. Gemäß VDI 6022 Blatt 1 Anhang B ist beides bei einer GBU für Instandhaltungspersonal an RLT-Anlagen zu berücksichtigen.  

Durch die GBU sollen bezogen auf Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die Gefährdungen, die von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln ausgehen können, erfasst und schriftlich dokumentiert werden. Kommt es beispielsweise zum Einsatz von Desinfektionsmitteln, müssen Sicherheitsdatenblätter und Dosierungsangaben vorliegen und eine Ersatzstoffsuche (§ 6 GefStoffV) dokumentiert werden. Ebenso müssen Schutzhandschuhe, Atemschutzmasken sowie wasserabweisende Schutzkleidung bereitgestellt werden. Neben der Gefährdungsanalyse und Dokumentation geeigneter Schutzmaßnahmen muss die GBU auch tätigkeitsbezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren erfassen und eine Betriebsanweisung nach § 14 GefStoffV erstellt werden.  

In Bezug auf die Exposition von Instandhaltungspersonal an RLT-Anlagen gegenüber biologischen Arbeitsstoffen wie Bakterien, Schimmelpilze, Hefen oder Viren – beispielsweise bei einem Filterwechsel – muss vor Aufnahme der Tätigkeit eine GBU im Hinblick auf § 4 BioStoffV durchgeführt und Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Neben den technischen Schutzmaßnahmen wie der optimalen Planung der RLT-Anlage, kommen in der Praxis vor allem organisatorische Schutzmaßnahmen und eine ausreichende persönliche Schutzausrüstung zum Tragen. Organisatorische Schutzmaßnahmen sind z.B. die Bereitstellung von geeigneten Abfallbehältern für eine Entsorgung von verkeimtem Material. Ein typisches Element einer persönlichen Schutzausrüstung ist beispielsweise eine FFP2-Atemmaske bei Arbeiten zum Abbürsten von Ablagerungen oder beim Filterwechsel.  

Auf Basis der im Rahmen der GBU erkannten Gefährdungen am Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber eine Betriebsanweisung erstellen, die für alle Beschäftigten wichtige Hinweise zu Gefahren, persönlichen Schutzmaßnahmen, zum Hygieneplan und Erster Hilfe enthält sowie Ansprechpartner benennt.  

Die GBU muss schriftlich dokumentiert sein und regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden (VDI 6022:2018 Blatt 1 Anhang B6). 

Bitte nehmen Sie über das Kontaktformular oder telefonisch zu unserem technischen Vertriebsteam Kontakt auf, wir beraten Sie gerne bezüglich Art und Umfang einer für Ihre RLT-Anlagen relevanten GBU.  

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